Abteikirche St. Martin
Die heutige Abteikirche St. Martin, Patrozinium am 11. November, ist ein Bau aus dem 18. Jahrhundert, welche die alte, baufällig gewordene romanische Basilika ersetzte, von welcher lediglich der Sockel des Kirchturmes erhalten geblieben ist.
Im Jahre 1732 beauftragte Abt Rudolf II. von Strachwitz den Rottweiler Baumeister Matthäus Scharpf mit dem Bau einer neuen Kirche, welche nach nur fünfjähriger Bauzeit durch den Konstanzer Weihbischof Johann Franz Anton von Sirgenstein am 28. September 1738 geweiht wurde. Dem Bauherrn selbst war es allerdings nicht vergönnt, an dieser Feier teilzunehmen: Am 10. Juli – also nur wenige Wochen zuvor – erschlug ihn bei der Inspizierung des Neubaus ein herabfallender Ziegelstein. Beide – Abt und Ziegel! – fanden im Mittelgang des Kirchenschiffs ihre letzte Ruhestätte.
Abteikirche St. Martin
Der späte Style Régence, im Deutschen Regentschafts- oder Bandelstil genannt, bestimmt die Dekoration des Kirchenbaus, dessen charakteristische Ornamente u.a. Bandelwerk, häufig in Rautenform endend, Blätter-, Knospen- und Blütengirlanden, Quastenbehänge (Lambrequins) und Brokatierung sind. Erst das Régence fasst oder unterlegt den Stuck farbig mit teilweiser Vergoldung. – Ausführende Künstler waren im Wesentlichen der Maler Josef Ignaz Wegscheider aus Riedlingen, die Stuckateure Johannes Schütz aus Wessobrunn und Pontian Gigl sowie Joseph Anton Feuchtmayer aus Mimmenhausen bei Salem.
Große Martinsorgel auf der Empore von Johannes Klais
Letzterer schuf sowohl die prachtvollen Frührokoko-Beichtstühle, die beiden Seitenaltäre aus Stuckmarmor als auch – als Hauptwerk – den Hochaltar mit einer Darstellung des zweiten Patroziniums der Kirche, der Aufnahme Mariens in den Himmel (15. August). Dieser wurde im Zuge der Umgestaltung der „barocken“ Abteikirche im Sinne der Beuroner Kunstschule 1872 weitgehend zerstört. Wie ein Fremdkörper wirkt bis heute das Flachbild aus der Hand P. Gabriel Wügers und seines Schülers P. Lukas Steiner, das die Stuckarbeit Feuchtmayers ersetzte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Kirchenraum von 1947 bis 1951 rebarockisiert, wodurch er von seiner strengen, dunklen „Witwenkleidung“ (P. Corbinian Gindele) befreit wurde und seitdem wieder in hellem Glanz erstrahlen kann.
Eine weitere Renovierung folgte in den Jahren 1975 bis 1979, welche ihren krönenden Abschluss mit dem Bau zweier Orgeln fand: der Marienorgel im Chor (Mönch & Prachtel, Überlingen, 1979) und der Martinsorgel auf der Empore (Johannes Klais, Bonn, 1984).
Der Münchener Bildhauer Klaus Backmund schuf in Bronzeguss 1998 den neuen Volksaltar für die Chormitte, dazu den Ambo und die Sitze für den liturgischen Dienst.